devanāgarī

 



Liebeserklärung an die Sprache


Ursprünglich wurde die Sanskritsprache Devavāṇī oder Devabhāṣā genannt - die Sprache der Götter. Daran anknüpfend wird die Schrift noch bis heute als Devanāgārī bezeichnet: die Schrift aus der Stadt der Götter oder die Wohnstätte der Götter (deva: göttlich, Gott; nagara: Stadt). Die Bezeichnung Sanskrit ist erst viel später aufgekommen und bedeutet: verfeinert, veredelt, kultiviert, mit Kunst gemacht, und von der Sprache gebraucht, gebildet, vollkommen. Sanskrit beschreibt nicht in erster Linie die materiellen Gegebenheiten des Lebens, sondern kündet von der geistigen, ewigen Realität, es ist eine verfeinerte Sprachform, die den Menschen verwandelt - verfeinert und veredelt.

Sprachwissenschaftler haben entdeckt, dass die Gesänge der Veden eine Regelmässigkeit und Ordnung aufweisen, die alle menschliche Vorstellungskraft weit überragen. Sie haben die Abfolge und Anzahl der Silben und Lauten im Ṛk Veda überprüft und gefunden, dass die heiligen Gesänge durchgehend phonetisch geordnet sind. Ihre Strukturen folgen einer "Achter-Formation", einer Ordnung, die sich überall in der Natur wiederfindet: im Aufbau der Atome, der Struktur von Kristallen oder den musikalischen Tonverhältnissen. Hier wird klar, die Sanskritsprache ist "Göttersprache", sie steht im Einklang mit den ewigen Gesetzen des Kosmos. Indem wir in diese Sprache eintauchen und mit ihr schwingen, verbinden wir uns mit der ewigen Ordnung. Im Klang und Rhythmus der Sanskritsprache befinden wir uns in ṛtam, dem ewigem Schöpfungsrhythmus, der erfüllt ist von ewiger Intuition. Hier sind wir zuhause, hier sind wir bei unseren eigenen, ureigenen Quellen, dicht an der Schwelle zum Numinosen, das alle Schöpfung speist.

Die Besonderheit hinsichtlich der Sanskrit-Sprache ist, dass in ihr das Bewusstsein der göttlich-schöpferischen Kraft des Wortes als ṛtam, als ewiger Rhythmus bis heute lebendig ist. Die mehr gesungene als gesprochene Sprache stand nie in der Funktion, den profanen Abläufen des Lebens zu dienen; sie ist in erster Linie eine Sprache der Einswerdung, der Anrufung, des Gebetes und damit die Sprache der Götter: devavāṇī.

Eine der bekanntesten Meditationen über die Sprache findet sich im Ṛg Veda in der Hymne an vāc (10. Buch, Vers 71). Unter anderen Bildern erscheint folgendes Gleichnis:

Und einer sieht, aber sieht die Sprache nicht.
Und einer hört, aber hört die Sprache nicht.
Einem anderen jedoch offenbart sie ihre Geheimnisse,
wie eine schön gekleidete Frau sich ihrem Gatten enthüllt.

Das Bild der grosszügig schenkenden und gleichzeitig sehr wählerischen schönen Frau deutet nicht nur den ganzen Reichtum und die Fülle an, die Sprache hervorbringt. Das Bild macht auch deutlich: Sprache an sich ist unmissverständlich und ewig anderer Natur – hier gekennzeichnet durch die Verschiedenheit von Mann und Frau. Die subtile, schöpferische Kraft der Sprache, ihre Geheimnisse lassen sich nicht vereinnahmen; sie sind nicht dem zugänglich, der sich ihr ohne Hingabe nähert. Die Köstlichkeit der heiligen Worte offenbart sich aber in ganzer Fülle dem, der sich der Sprache – und in der Erweiterung damit auch den Erscheinungen der Welt – wie ein Liebender nähert.

Auszug aus: SANSKRIT Devanāgārī, Die Schrift aus der Stadt der Götter, Ein Lehrbuch für Anfänger – Band I, Raja Verlag


 



DIE BUCHSTABENGIRLANDE: 



a anuttara



  ā ānanda



    i icchā


     ī īśāna


  u unmeṣa


  ū ūnatā

 




lṛ





Das Alphabet:


Handschriftliche Beispiele:

Mātrās:



Grafik zur Aussprache:


Worte zum üben: 
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